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Das Elsass – Vom Schauplatz deutsch-französischer Kriege zum heutigen Europa

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Monument des Diables Rouges am Hartmannswillerkopf © Bernard NAEGELEN - ADT
Monument des Diables Rouges am Hartmannswillerkopf © Bernard NAEGELEN - ADT
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Das Schicksal des Elsass und seiner Bewohner war von 1870 an bis 1945 über fast 80 Jahre von drei kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den ‚Erbfeinden‘ Frankreich und dem ‚Deutschen Reich‘ geprägt. An die 50 Gedenkorte erinnern an diesen Zeitabschnitt. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs und damit seit fast 80 friedvollen Jahren wurde zwischen Charles de Gaulle und Konrad Adenauer mit dem Elysée-Vertrag 1963 die deutsch-französischen Freundschaft begründet, die 2019 mit dem Aachener Vertrag bekräftigt wurde.

Über die wechselvolle Geschichte der Elsässer, die zum Teil vier Mal ihre Staatsangehörigkeit zu ändern hatten, geben Jean Egens ‚Die Linden von Lautenbach‘ und Pascale Hugues ‚Marthe und Mathilde‘ Auskunft.Seit dem deutsch-französischen Krieg von 1870/71 war Elsass-Lothringen zum ‚Reichsland‘ geworden. In Woerth, dem Ort der entscheidenden Schlacht vom 6. August 1870, der zur späteren Niederlage der französischen Truppen bei Sedan führte, befindet sich ein historisches Museum. Das Deutsche Reich setzte in der Folge alles daran, das eroberte Elsass mit Festungsbauwerken auszustatten, so beim Bau des Festungsgürtels um Straßburg oder bei dem noch erhaltenen ‚Fort de Mutzig‘, der Feste Kaiser Wilhelm II.Wie ‚Schlafwandler‘ (Chr. Clark) taumeln Europas Mächte 1914 in den Ersten Weltkrieg. Kriegsschauplatz wird das Elsass ab dem ‚kilomètre zéro‘ (Kilometer Null) bei Pfetterhouse. Französische Truppen durchbrechen zuerst die deutschen Linien bis Mulhouse, doch der Krieg beißt sich an den Gebirgspässen und markanten Punkten des Vogesenmassivs fest. Um Munster, den Lingekopf, den Tête des Faux, Sainte-Marie-aux-Mines, am Tête du Violu entbrennen heftige Kämpfe. In Mittlach wird ein französisches, in Uffholtz ein deutsches Lazarett eingerichtet.Nach der Stabilisierung der Front zieht der Krieg in endlosen Schützengräben etappenweise bis zur Nordsee weiter. Zum symbolträchtigsten Schlachtort im Elsass ist der Gebirgskrieg um den Hartmannswillerkopf geworden. Der Gipfel wechselte durch verlustreiche Stoßtruppunternehmen achtmal seinen ‚Besitzer‘. Zu besuchen sind unter dem Vaterlandsaltar die Krypta und vor allem das erste gemeinsame deutsch-französische Historial,  das von Staatspräsident Macron und Bundespräsident Steinmeier am 10. November 2017 eröffnet wurde. Es zeigt anschaulich das Leben der einfachen Soldaten auf beiden Seiten des ehemaligen Schlachtfeldes und ist damit zu einem Symbol des Friedens und der Jugend ein Mahnmal geworden. Das ehemalige Schlachtfeld lässt sich mit einer Karte, entlang von 45 Infotafeln besichtigen.Eine weitere beeindruckende Gedenkstätte befindet sich am Lingekopf, wo 1915 besonders verheerende Kämpfe stattgefunden haben. Inmitten der einstigen Schützengräben, die man erkunden kann, befindet sich seit 1981 ein Museum zum Gebirgskrieg, wo der Besucher auch Gegenstände entdecken kann, die vor Ort gefunden wurden.Durch den Vertrag von Versailles wurde das Elsass wieder französisch – militärisch begann man deshalb ab 1929 mit dem Bau des 700 km langen Verteidigungssystems der Maginot-Linie, das entlang der Grenze zu Belgien, Luxemburg, Deutschland und Italien aus 2000 Bunkeranlagen bestand. Von dem damaligen Schutzwall sind im Elsass noch zahlreiche Anlagen zu besichtigen. Diese befinden sich in Lembach, Hunspach, Hatten und Marckolsheim.Am 18. Juni 1940 beginnt für die Elsässer mit dem Einmarsch der deutschen Truppen die Annexion und der Zweite Weltkrieg. Tausende junger Elsässer werden gegen ihren Willen zwangsrekrutiert – als ‚Malgrés-Nous‘ hatten sie es später schwer, als Opfer anerkannt zu werden. Viele entzogen sich dem Militärdienst durch Flucht ins unbesetzte Frankreich. Der 14 km lange ‚Sentiers des Passeurs‘ bei Schirmeck war dazu ein oft benutzter Weg. 1941 wurde in Natzweiler-Struthof ein KZ eingerichtet, in dem fürchterliche Menschenversuche durchgeführt wurden. Auf der gegenüberfliegenden Talseite befindet sich die Gedenkstätte ‚Mémorial de l’Alsace-Moselle‘, die die Geschichte der Elsässer und Lothringer, besonders von 1939 – 45 zum Inhalt hat. Als Ort der Erinnerung und Wissensvermittlung weist die Gedenkstätte auch in die Zukunft und behandelt aktuelle Themen wie zum Beispiel Europa. Außerdem beginnt dort der ‚Chemin de la Mémoire et des Droits de l’Homme‘ (Üb. Weg des Gedenkens und der Menschenrechte), der zu Erinnerungsorten der NS-Zeit führt (25 km). Ende 1944 tobte ein besonders heftiger Kampf um den von deutschen Truppen gehaltenen Brückenkopf bei Colmar (Poche de Colmar) – der Verlauf der Winterschlacht ist im Museum in Turckheim dokumentiert.Im Zeichen der deutsch-französischen Freundschaft und der Schaffung eines geeinten Europas erscheint es folgerichtig, dass zahlreiche wichtige europäische Institutionen (Europa-Parlament, Europa-Rat, Europäischer Menschenrechts-Gerichtshof) im elsässischen Straßburg / Strasbourg ihren Sitz haben und das dortige Parlamentarium zu einem informativen Besuch einlädt.

App „Das Elsass, was für eine Geschichte!“
Am Schnittpunkt mehrerer Kulturen und Zivilisationen wurde das Elsass im Laufe einer reichen und oft turbulenten Geschichte geformt. Als Zeuge der dunklen, aber auch glorreichen Stunden des europäischen Kontinents weist das Elsass noch heute die Spuren dieser Vergangenheit an seinen Denkmälern, in seinem Dialekt und seiner Kultur auf. Diese Webanwendung erzählt und erklärt einem breiten Publikum die faszinierende Geschichte des Elsass. Als Portal lenkt sie auch den Blick auf die historischen Orte und Gedenkstätten, um Entdeckungen und Besichtigungen zu fördern. Die Anwendung konzentriert sich auf eine Schlüsselepoche eines Jahrhunderts der Geschichte: 1870 – 1970, vom Deutsch-Französischen Krieg bis zur Gründung der europäischen Institutionen.

www.memorial-hwk.eu

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